AS 1199

 
AS 1199 | Das Uhrwerksarchiv

AS 1199

Beschreibung

Das hier vorgestellte AS 1199 ist ein sehr hochwertig ausgeführtes Stiftankerwerk, das es eigentlich gar nicht gab. Warum? Ganz einfach, weil in der Literatur nur ein EB 1199 existiert, mit dem Hinweis, daß AS-Stiftankerwerke von der Ebauches Bettlach (EB) produziert wurden. Der Hintergrund ist, daß (vermutlich in den 1930er Jahren) innerhalb der Ebauches SA eine Spezialisierung stattfand, mit der Folge, daß Stiftankerwerke, die bis dato noch von AS hergestellt wurden, fortan aus den Fabriken der Ebauches Bettlach kamen.

Offenbar ist dieses Exemplar in der ganz kurzen Zeitspanne hergestellt worden, in denen AS noch selber Stiftankerwerke produzierte, oder aber es handelt sich um einen Fehldruck.

Das AS 1199 besitzt einen Durchmesser von 10 1/2 Linien und ist eine Roskopf-Konstruktion, die allerdings in einigen Details davon abweicht.

AS 1199: Grundplatine

Grundplatine

Schon die Grundplatine läßt erahnen, daß es sich um ein sehr hochwertiges Handaufzugswerk handelt, auch wenn es nur in Pfeilerbauweise ausgeführt ist. So sind alle wichtigen Lager mit Lagersteinen ausgestattet, in Summe 15 Steine.

AS 1199: Innenseite Räderwerksbrücke

Innenseite Räderwerksbrücke

Aber es geht noch besser: Die werksseitigen Lager von Sekunden- und Kleinbodenrad besitzen sogar von innen(!) verschraubt eingefaßte Decksteine. Zumindest optisch wirkt das sehr beeindruckend.

AS 1199: Räderwerk

Räderwerk

Das AS 1199 nutzt dem typischen Roskopf-Rädersatz, bei dem im Vergleich zum schweizer Ankerwerk eine Übersetzungsstufe eingespart wird. Das Federhaus ist dabei überdimensional groß und überstreicht die Werksmitte. Die nachfolgenden Kleinboden- und Sekundenräder sind ebenfalls größer (und dadurch mit mehr Zähnen) ausgeführt, und das silberfarbige Ankerrad besitzt 15 Zähne statt der bei Roskopf-Uhren üblichen 18.

AS 1199: Seitenansicht des Räderwerks

Seitenansicht des Räderwerks

Das indirekt angetriebene Sekundenrad befindet sich auf der Zifferblattseite. Es wird Außenkranz an Außenkranz durch das tief liegende werksseitige Sekundenrad angetrieben.

AS 1199: Antrieb Sekundenrad

Antrieb Sekundenrad

Als Hemmung kommt eine Stiftankerhemmung zum Einsatz, deren Ausführung optisch und technisch gelungen ist. Man erkennt hier gut, auf welche Art und Weise der Anker ausbalanciert wurde:

AS 1199: Anker

Anker

Das AS 1199 nutzt wie gesagt eine Stiftankerhemmung, deren schraubenlose Ringunruh mit den üblichen, aber für Roskopfwerke atypischen (dort sind 17280 Halbschwingungen Standard) 18000 Halbschwingungen pro Stunde. Sie ist natürlich noch nicht stoßgesichert, dafür gibt es einen “langen” Rückerzeiger zur Frequenzjustage.

AS 1199: leere Zifferblattseite

leere Zifferblattseite

Auf der leeren Zifferblattseite kann man gut den Kupplungsaufzug erkennen - er spricht für ein höherwertiges Werk. Außerdem wird ein werksseitige Gesperr verwendet, d.h. auf der Zifferblattseite ist keine Gesperrfunktion zu sehen.

AS 1199: Zifferblattseite mit Sekundenrad

Zifferblattseite mit Sekundenrad

Die Zentralsekunden-Indikation wird als Modul mit Zahnrad und Platte auf der Zifferblattseite montiert. Die Achse, durch die die Sekundenwelle geht, ist gleichzeitig Aufnehmer für das Minutenrohr, was bedeutet, daß die Zeitanzeige (Minuten und Stunden) indirekt erfolgt.

AS 1199: AS 1199: Zifferblattseite

AS 1199: Zifferblattseite

Wie bei Roskopfwerken üblich, wird das Minutenrohr über ein beweglich auf dem Federhaus angebrachtes Rad angetrieben. Unüblich ist beim AS 1199 allerdings, daß das Stundenrad nicht auch über dieses Rad angetrieben wird, sondern ein Wechselrad ins Spiel kommt. Das ist eine klare Abkehr vom Roskopf-Werk und ein Zeichen modern ausgeführter Ankerwerke.

Wie man eindeutig erkennen kann, ist dieses Werk als “AS 1199” gepunzt, in der Literatur findet man dagegen nur Werke, die von der Ebauches Bettlach produziert wurden und daher mit “EB 1199” gepunzt sind. Wir haben es also hier mit einer echten Rarität zu tun!

Im Labor

Das vorliegende Exemplar dürfte aufgrund seines extrem guten und sauberen Zustands ein NOS-Exemplar sein. Auf den eigentlich fälligen Service samt Ölwechsel wurde verzichtet.

Zeitwaagen-Ergebnis

Wie nicht anders zu erwarten zeigt sich vor allem in den hängenden Lagen, daß ein Service samt Ölwechsel dringend nötig wäre, vor allem die Amplituden sind viel zu niedrig. Nach geschätzten 70 Jahren ist das aber auch kein Wunder, und es ist recht wahrscheinlich, daß nach einem Service sehr anständige Gangwerte zu erwarten sind - die horizontalen Lagen haben ja schon einen Vorgeschmack gegeben.

horizontale Lagen
Zifferblatt oben +12 s/Tag 231° 0.9ms
Zifferblatt unten +14 s/Tag 260° 0.4ms
vertikale Lagen
Krone rechts (12 oben) -73 s/Tag 168° 0.3ms
Krone oben (3 oben) -142 s/Tag 166° 0.3ms
Krone links (6 oben) -141 s/Tag 158° 1.3ms
Krone unten (9 oben) -77 s/Tag 173° 1.1ms

Technische Daten

Hersteller:AS
Kaliber:1199
Größe:10 1/2''' (gemessen: 23,2mm)
Halbschwingungen pro Stunde:18000
Anzahl Steine:15
Hemmung:Stiftanker
Unruh-Ausführungen: Nickel-Ringunruh
Stoßsicherung(en): keine
Unruhlagerung / Richtung Spirale:Uhrzeigersinn
beweglicher Spiralklötzchenträger:nein
Regulierorgan:Rückerzeiger mit langem Arm
Werksaufbau:
  • Anker
  • Ankerrad (Hemmungsrad), Sekundenrad, Kleinbodenrad, Federhaus
Bauweise:Pfeilerbauweise
Aufzugstyp:Kupplungsaufzug
Ausstattung:
  • SCI (indirekte Zentralsekunde)
Referenzen: Flume: (K1 1952 22)
Inventarnummer:17031

Anwendungsgalerie

AS 1199: Goldanker Damenuhr

Goldanker Damenuhr